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Inhalt
In dem Prolog Vorspiel auf dem Theater streiten sich die drei Personen lustige Person, Dichter und Theaterdirektor darüber wie ein Stück beschaffen sein sollte und welche Funktion es hat.
Personen
- Direktor
- lustige Person
- Dichter
Funktion
Dieser Teil gehört genau so wenig zur Handlung des Faust wie der vorhergehende Teil. Hier erlaubt sich Goethe eine Reflektion über das Theater an sich und über dessen Probleme und Notwendigkeiten. Da er selbst einmal Direktor von einem Theater war, während seiner Zeit in Weimar, weiß er um die finanziellen Notwendigkeiten, die speziellen Probleme und die Herausforderung ein erfolgreiches Stück aufzuführen.
Er weißt den Leser noch einmal auf den fiktionalen Charakter seine Stückes hin, indem er dem Publikum de Theaterdirektor vor die Nase setzt. Er will also das sich das Publikum vergegenwärtigt dass er sich das Stück nur ausgedacht hat.
Lesen und erklären Abschnitt für Abschnitt
Director, Theaterdichter, lustige Person.
Director.
Ihr beyden die ihr mir so oft,
In Noth und Trübsal, beygestanden,
Sagt was ihr wohl, in deutschen Landen,
Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich wünschte sehr der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben läßt.
Die Pfosten sind, die Breter aufgeschlagen,
Und jedermann erwartet sich ein Fest.
Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,
Gelassen da und möchten gern erstaunen.
Ich weiß wie man den Geist des Volks versöhnt;
Doch so verlegen bin ich nie gewesen;
45
Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,
[10]
Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir’s? daß alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gefällig sey.
Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,
50
Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,
Und mit gewaltig wiederholten Wehen,
Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;
Bey hellem Tage, schon vor Vieren,
Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht
55
Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerthüren,
Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.
Dieß Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.
Der Direktor hofft sehr, dass das Stück auch finanziell ein Erfolg mögen werde. Er weiß dass er kommerziell also finaziell vom Erfolg des Stückes abhängig ist. Ich wünschte sehr der Menge zu behagen, Besonders weil sie lebt und leben läßt. Er ist etwas unsicher ob das ein Erfolg werden kann, hofft dies aber sehr :Doch so verlegen bin ich nie gewesen;
Er möchte, dass sich das Publikum dränkt um ein Ticket Um ein Billet sich fast die Hälse bricht
Dichter.
O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
60
Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.
Verhülle mir das wogende Gedränge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude blüht;
65
Wo Lieb’ und Freundschaft unsres Herzens Segen
Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.
[11]
Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,
Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt,
Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
70
Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.
Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen
Erscheint es in vollendeter Gestalt.
Was glänzt ist für den Augenblick geboren,
Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.
O sprich mir nicht von jener bunten Menge Bey deren Anblick uns der Geist entflieht. Der Dichter sieht jene Menge, die kommt um sich sein Stück anzusehen sehr kritisch. Er spricht abfällig vom Publikum Verhülle mir das wogende Gedränge, ihn überkommt Unbehagen wenn er an die Menschenmassen ( die bunte Menge ) denkt Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen, Er hat ein Werk hervorgebracht und dies ist tiefer Brust entsprungen, es kommt also ganz tief aus ihm selbst, er ist der Schöpfer wenn es erst durch Jahre durchgedrungen Erscheint es in vollendeter Gestalt. Er braucht Jahre bis er zufrieden mit seinem Werk ist, erst nach vielen Jahr ist es perfekt
Lustige Person.
75
Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte.
Gesetzt daß ich von Nachwelt reden wollte,
Wer machte denn der Mitwelt Spaß?
Den will sie doch und soll ihn haben.
Die Gegenwart von einem braven Knaben
80
Ist, dächt’ ich, immer auch schon was.
Wer sich behaglich mitzutheilen weiß,
Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
Er wünscht sich einen großen Kreis,
Um ihn gewisser zu erschüttern.
85
Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft,
Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören,
[12]
Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören.
Er will nicht von der Nachwelt reden sondern von der Mitwelt, also im Hier und Jetzt sein. Er möchte Spaß im HIer und jetzt und sieht den Sinn des Stückes auch genau hierin. Er belustigt sich etwas über die Bravheit der andere.
Director.
Besonders aber laßt genug geschehn!
90
Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
So daß die Menge staunend gaffen kann,
Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,
Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.
95
Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
Gebt ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!
100
Solch ein Ragout es muß euch glücken;
Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
Was hilft’s wenn ihr ein Ganzes dargebracht,
Das Publikum wird es euch doch zerpflücken.
Der Direktor will der Masse ( der Breite ) gefallen und eine Komposition hervorbringen ( Ragout) das kommerziell auch erfolgreich ist. Das Publikum, das er für kritisch hällt (...wird es euch doch zerflücken ) soll viel beinhalten ( wer vieles bringt, ...) damit sich jeder was daraus aussuchen kann und es vielen Leuten gefällt ( ein jeder sucht sich endlich selbst was aus)
Dichter.
Ihr fühlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey!
Wie wenig das den ächten Künstler zieme!
Der saubern Herren Pfuscherey
Ist, merk’ ich, schon bey euch Maxime.
Der Dichter findet, dass man die Komödianten niht ernst nehmen kann und das deren Handwerk Pfuscherei ist. Er ist abfällig der lustigen Person gegenüber da diese ihm die Dichtung, seinen Lebensunterhalt, nicht ernst genug nimmt.
Director.
Ein solcher Vorwurf läßt mich ungekränkt;
Ein Mann, der recht zu wirken denkt,
Muß auf das beste Werkzeug halten.
Bedenkt, ihr habet weiches Holz zu spalten,
Und seht nur hin für wen ihr schreibt!
Wenn diesen Langeweile treibt,
Kommt jener satt vom übertischten Mahle,
115
Und, was das allerschlimmste bleibt,
Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
Und Neugier nur beflügelt jeden Schritt;
Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
120
Und spielen ohne Gage mit.
Was träumet ihr auf eurer Dichter-Höhe?
Was macht ein volles Haus euch froh?
Beseht die Gönner in der Nähe!
Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
125
Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
[14]
Was plagt ihr armen Thoren viel,
Zu solchem Zweck, die holden Musen?
Ich sag’ euch, gebt nur mehr, und immer, immer mehr,
130
So könnt ihr euch vom Ziele nie verirren,
Sucht nur die Menschen zu verwirren,
Sie zu befriedigen ist schwer – –
Was fällt euch an? Entzückung oder Schmerzen?
Das Stück lebt auch vom Ambiente, von der Stimmung drum herum und der Stimmung der Besucher Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten Und spielen ohne Gage mit.
Er sieht den Dichter in einem Elfenbeinturm sitzen Was träumet ihr auf eurer Dichter-Höhe?
--> Dichter.
Geh hin und such dir einen andern Knecht!
135
Der Dichter sollte wohl das höchste Recht,
Das Menschenrecht, das ihm Natur vergönnt,
Um deinetwillen freventlich verscherzen!
Wodurch bewegt er alle Herzen?
Wodurch besiegt er jedes Element?
140
Ist es der Einklang nicht? der aus dem Busen dringt,
Und in sein Herz die Welt zurücke schlingt.
Wenn die Natur des Fadens ew’ge Länge,
Gleichgültig drehend, auf die Spindel zwingt,
Wenn aller Wesen unharmon’sche Menge
145
Verdrießlich durch einander klingt;
Wer theilt die fließend immer gleiche Reihe
Belebend ab, daß sie sich rythmisch regt?
[15]
Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe?
Wo es in herrlichen Accorden schlägt,
150
Wer läßt den Sturm zu Leidenschaften wüthen?
Das Abendroth im ernsten Sinne glühn?
Wer schüttet alle schönen Frühlingsblüten
Auf der Geliebten Pfade hin?
Wer flicht die unbedeutend grünen Blätter
155
Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?
Wer sichert den Olymp? vereinet Götter?
Des Menschen Kraft im Dichter offenbart.
Geh hin und such dir einen andern Knecht! er möchte sich nicht verkaufen lassen. Der Dichter besiegt das Element und bewegt alle Herzen: Nur er allein hat die Möglichkeit durch seinen Einfluss, (Göttlicher Art) so auf die Menschen zu wirken. Er vereint die Götter. Er zeigt des Menschen Kraft auf.
Lustige Person.
So braucht sie denn die schönen Kräfte
Und treibt die dicht’rischen Geschäfte,
160
Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt
Und nach und nach wird man verflochten;
Es wächst das Glück, dann wird es angefochten,
Man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran,
165
Und eh man sich’s versieht ist’s eben ein Roman.
Laßt uns auch so ein Schauspiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt,
[16]
Und wo ihr’s packt, da ist’s interessant.
170
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrthum und ein Fünkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend schönste Blüte
175
Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
Dann sauget jedes zärtliche Gemüthe
Aus eurem Werk sich melanchol’sche Nahrung;
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen trägt.
180
Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,
Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,
Ein Werdender wird immer dankbar seyn.
Dichtung hat immer ein Fünkchen Wahrheit soll aber in erster Linie erfreuen, sie darf ruhig viel Dichtung enthalten. Er vergleicht Liebe mit Dichtung, beides fesselt den Anderen emotional, auch Dichtung soll Liebe und Schmerz beihalten, also aus dem vollen Leben gegriffen sein. Sie soll aufbaue soll das Publikum zum Lachen und zum Weinen bringen.
Dichter.
So gieb mir auch die Zeiten wieder,
185
Da ich noch selbst im Werden war,
Da sich ein Quell gedrängter Lieder
Ununterbrochen neu gebar,
Da Nebel mir die Welt verhüllten,
Die Knospe Wunder noch versprach,
Da ich die tausend Blumen brach,
Die alle Thäler reichlich füllten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gieb ungebändigt jene Triebe,
Das tiefe schmerzenvolle Glück,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zurück!
Er will wieder zurück zu seine Jugendzeit, in der er zwar finanziell arm war aber sonst alles hatte, so war er da reich an Ideen.
schmerzvolles Glück = Gegensatz / Oxymoron Widerspruch in sich
Lustige Person.
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde drängen,
200
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebste Mädchen hängen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
205
Die Nächte schmausend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem selbstgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
210
Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
[18]
Und wir verehren euch darum nicht minder.
Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
Die lustige Person sieht die Jugend nur für die Liebe und den Krieg sinnvoll, sowie zum ausgiebigen Feiern..
Director.
Der Worte sind genug gewechselt,
215
Laßt mich auch endlich Thaten sehn;
Indeß ihr Complimente drechselt,
Kann etwas nützliches geschehn.
Was hilft es viel von Stimmung reden?
Dem Zaudernden erscheint sie nie.
220
Gebt ihr euch einmal für Poeten,
So kommandirt die Poesie.
Euch ist bekannt was wir bedürfen,
Wir wollen stark Getränke schlürfen;
Nun braut mir unverzüglich dran!
225
Was heute nicht geschieht, ist Morgen nicht gethan,
Und keinen Tag soll man verpassen,
Das Mögliche soll der Entschluß
Beherzt sogleich beym Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
230
Und wirket weiter, weil er muß.
[19]
Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen
Probirt ein jeder was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospecte nicht und nicht Maschinen.
235
Gebraucht das groß’ und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Thier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
240
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt, mit bedächtger Schnelle,
Vom Himmel, durch die Welt, zur Hölle
Der Direktor möchte un endlich loslegen und mit dem Stück beginen. Wer will die Werbetrommel rühren ( Prospecte und Himmelslicht) und drängt zum Anfangen.
Direktor | Dichter | Lustige Person | |
Selbstbild |
Ich weiß wie man den Geist des Volks versöhnt; Doch so verlegen bin ich nie gewesen; Er kennt sich eigentlich mit den Bedürfnissen des Publikum aus, aber diesmal ist er doch nervös, ob es dem Publikum auch gefalle |
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge, Das Irdische ist zu simpel, er will zur ruhigen Himmelsenge Wo nur dem Dichter reine Freude blüht; Hier hat nur der Dichter Zutritt den normalen Menschen bleit der Einblick verwährt = Elite Wie wenig das den ächten Künstler zieme! Regeln für den echten Künstler, nicht jeder der Kunst schafft ist auch ein Künstler ( Anspruch / Elite) …. Wer sichert den Olymp? vereinet Götter? Göttliche Macht der Dichtung Des Menschen Kraft im Dichter offenba Der Dichter hat die Macht die Menschen tief zu bewegen Da ich noch selbst im Werden war, Er war im Werden jetzt ist er nicht mehr im Werden = er ist fertig = kein Prozess mehr, Stagnation …. Ununterbrochen neu gebar, In der Zeit schuf er viel und war voller Schaffenskraft |
|
Fremdbild | In Noth und Trübsal, beygestanden,
Er braucht die anderen beiden, ohne Dichter kein Stoff ohne Darsteller kein Theater Dieß Wunder wirkt auf so verschiedne Leute Im Theater findet jeder etwas das ihm gefällt Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute. Er mahnt Produktivität an Und seht nur hin für wen ihr schreibt! Er fordert er Dichter möge Zielgruppen gerecht schreiben Was träumet ihr auf eurer Dichter-Höhe? Dichter Höhe= Wirklichkeitsfern , Elfenbeinturm Was plagt ihr armen Thoren viel, Viel Arbeit Zu solchem Zweck, die holden Musen? Die Musen die ihm Einfälle schenken Indeß ihr Complimente drechselt, Ironie? Da sich der Dichter und die lustige Person streiten Kann etwas nützliches geschehn. Er mahnt Produktivität an |
Was glänzt ist für den Augenblick geboren, Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren. Unterhaltung ist nur ein flüchtiges Vergnügen und nur für den Augenblick gut, Dichtung soll beständig sein und viele Zeitalter überdauern Ihr fühlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey! Kommerz und Kommödie sind verwerflich und schlecht Der saubern Herren Pfuscherey Abfällig = Pfusch Ist, merk’ ich, schon bey euch Maxime. Er unterstellt den anderen Beiden schlecht zu sein Geh hin und such dir einen andern Knecht! Er will sich icht vom Geld knechten lassen |
Er wünscht sich einen großen Kreis, Direktor will kommerziellen Erfolg, Dichter will Publikum Und treibt die dicht’rischen Geschäfte, auch Dichtung ist nur eine Arbeit ( geschäfte) und keine göttliche Gabe Wie man ein Liebesabenteuer treibt. Abenteuer = etwas Flüchtiges Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfallsSchlachten Gewalt allerliebste Mädchen Jugend sei nur für die Liebe oder den Kreig relevant Und wir verehren euch darum nicht minder. Respekt vor der Leistung |
Theater |
Ich wünschte sehr der Menge zu behagen, Er muss den Massen gemack treffen um finanziell über die Runden zu kommen Besonders weil sie lebt und leben läßt. Leben lässt = finanziell leben lässt, Leben in Form von Kultur Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen, Publikum sitzt erwartungsvoll bereit Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen, Massengeschmack als Zielsetzung Solch ein Ragout es muß euch glücken; Ragout = Vermengung verscheidener Zutateen, die ein ganzes und neues ergeben Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten, Sucht nur die Menschen zu verwirren, Theater wie Fasching, verucht die Menschen zu zerstreuen und zu befriedigen ( s. u.) und nicht zu bilden Sie zu befriedigen ist schwer – – Soll Publikum zufrieden stellen Und keinen Tag soll man verpassen, Produktivität |
Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.
Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt Gott schafft die Dichtung, der Dichter ist ein Behälter für Gottes Ideen, Erscheint es in vollendeter Gestalt. Vollendung als Ziel |
Wer machte denn der Mitwelt Spaß? Leben im Hier und Jetzt, den heutigen Menschen Spaß bereiten Man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran, Die Abwechselung von Erfreulichem und Erschreckenden sorgt für Unterhaltung Und eh man sich’s versieht ist’s eben ein Roman. Roman entsteht schnell durch die Vermengung der verschiedene Zutaten Greift nur hinein ins volle Menschenleben! Theater als Bild des Lebens voller Buntheit Viel Irrthum und ein Fünkchen Wahrheit,Mischung aus Fiktion und Wahrheit So wird der beste Trank gebraut, Kompossition wie ein Zaubertrank oder das Bierbrauen Metapher |
Publikum |
Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt, verächtlich Allein sie haben schrecklich viel gelesen. Sie halten sich für gebildet Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt, Will Publikumsmassen da das finziellen Erfolg bedeutet So daß die Menge staunend gaffen kann, Gaffen= abfällig: Dümmlich gafft die Menge Bedenkt, ihr habet weiches Holz zu spalten, weiches Holz= Publikum ist dumm Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten Und spielen ohne Gage mit. Die Frauen machen sich schön, sehen und gesehen werden, Das Theater als Laufsteg und Ort an dem man sich profiliert |
O sprich mir nicht von jener bunten
Menge, Die Menge ist ihm nicht genehm, gefällt ihm nicht Bey deren Anblick uns der Geist entflieht. Er mag die Menschen / das Publikum nicht Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren. Dichtung bleibt für Immer |
Den will sie doch und soll ihn haben. Es bekommt was es sich wünscht, Zielgruppen gerecht Ein jeder sieht was er im Herzen trägt. selektiv: Jeder sieht das was er ist darin Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen, wendet isch nur an offene Zuschauer: Ein Werdender wird immer dankbar seyn. |
Sprache
Dass Vorspiel auf dem Theater enthält neben einer Fünfhebigen Standze auch den vierhebigen Jambus und Knittelvers
Hier noch einmal der gesamte Text unzerstückelt
Vorspiel auf dem Theater.
--> [9]
Director, Theaterdichter, lustige Person.
Director.
Ihr beyden die ihr mir so oft,
In Noth und Trübsal, beygestanden,
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Sagt was ihr wohl, in deutschen Landen,
Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich wünschte sehr der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben läßt.
Die Pfosten sind, die Breter aufgeschlagen,
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Und jedermann erwartet sich ein Fest.
Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,
Gelassen da und möchten gern erstaunen.
Ich weiß wie man den Geist des Volks versöhnt;
Doch so verlegen bin ich nie gewesen;
45
Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,
[10]
Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir’s? daß alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gefällig sey.
Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,
50
Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,
Und mit gewaltig wiederholten Wehen,
Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;
Bey hellem Tage, schon vor Vieren,
Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht
55
Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerthüren,
Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.
Dieß Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.
Dichter.
O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
60
Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.
Verhülle mir das wogende Gedränge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude blüht;
65
Wo Lieb’ und Freundschaft unsres Herzens Segen
Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.
[11]
Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,
Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt,
Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
70
Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.
Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen
Erscheint es in vollendeter Gestalt.
Was glänzt ist für den Augenblick geboren,
Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.
Lustige Person.
75
Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte.
Gesetzt daß ich von Nachwelt reden wollte,
Wer machte denn der Mitwelt Spaß?
Den will sie doch und soll ihn haben.
Die Gegenwart von einem braven Knaben
80
Ist, dächt’ ich, immer auch schon was.
Wer sich behaglich mitzutheilen weiß,
Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
Er wünscht sich einen großen Kreis,
Um ihn gewisser zu erschüttern.
85
Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft,
Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören,
[12]
Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören.
Director.
Besonders aber laßt genug geschehn!
90
Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
So daß die Menge staunend gaffen kann,
Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,
Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.
95
Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
Gebt ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!
100
Solch ein Ragout es muß euch glücken;
Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
Was hilft’s wenn ihr ein Ganzes dargebracht,
Das Publikum wird es euch doch zerpflücken.
Dichter.
Ihr fühlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey!
105
Wie wenig das den ächten Künstler zieme!
[13]
Der saubern Herren Pfuscherey
Ist, merk’ ich, schon bey euch Maxime.
Director.
Ein solcher Vorwurf läßt mich ungekränkt;
Ein Mann, der recht zu wirken denkt,
110
Muß auf das beste Werkzeug halten.
Bedenkt, ihr habet weiches Holz zu spalten,
Und seht nur hin für wen ihr schreibt!
Wenn diesen Langeweile treibt,
Kommt jener satt vom übertischten Mahle,
115
Und, was das allerschlimmste bleibt,
Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
Und Neugier nur beflügelt jeden Schritt;
Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
120
Und spielen ohne Gage mit.
Was träumet ihr auf eurer Dichter-Höhe?
Was macht ein volles Haus euch froh?
Beseht die Gönner in der Nähe!
Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
125
Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
[14]
Was plagt ihr armen Thoren viel,
Zu solchem Zweck, die holden Musen?
Ich sag’ euch, gebt nur mehr, und immer, immer mehr,
130
So könnt ihr euch vom Ziele nie verirren,
Sucht nur die Menschen zu verwirren,
Sie zu befriedigen ist schwer – –
Was fällt euch an? Entzückung oder Schmerzen?
Dichter.
Geh hin und such dir einen andern Knecht!
135
Der Dichter sollte wohl das höchste Recht,
Das Menschenrecht, das ihm Natur vergönnt,
Um deinetwillen freventlich verscherzen!
Wodurch bewegt er alle Herzen?
Wodurch besiegt er jedes Element?
140
Ist es der Einklang nicht? der aus dem Busen dringt,
Und in sein Herz die Welt zurücke schlingt.
Wenn die Natur des Fadens ew’ge Länge,
Gleichgültig drehend, auf die Spindel zwingt,
Wenn aller Wesen unharmon’sche Menge
145
Verdrießlich durch einander klingt;
Wer theilt die fließend immer gleiche Reihe
Belebend ab, daß sie sich rythmisch regt?
[15]
Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe?
Wo es in herrlichen Accorden schlägt,
150
Wer läßt den Sturm zu Leidenschaften wüthen?
Das Abendroth im ernsten Sinne glühn?
Wer schüttet alle schönen Frühlingsblüten
Auf der Geliebten Pfade hin?
Wer flicht die unbedeutend grünen Blätter
155
Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?
Wer sichert den Olymp? vereinet Götter?
Des Menschen Kraft im Dichter offenbart.
Lustige Person.
So braucht sie denn die schönen Kräfte
Und treibt die dicht’rischen Geschäfte,
160
Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt
Und nach und nach wird man verflochten;
Es wächst das Glück, dann wird es angefochten,
Man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran,
165
Und eh man sich’s versieht ist’s eben ein Roman.
Laßt uns auch so ein Schauspiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt,
[16]
Und wo ihr’s packt, da ist’s interessant.
170
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrthum und ein Fünkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend schönste Blüte
175
Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
Dann sauget jedes zärtliche Gemüthe
Aus eurem Werk sich melanchol’sche Nahrung;
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen trägt.
180
Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,
Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,
Ein Werdender wird immer dankbar seyn.
Dichter.
So gieb mir auch die Zeiten wieder,
185
Da ich noch selbst im Werden war,
Da sich ein Quell gedrängter Lieder
Ununterbrochen neu gebar,
Da Nebel mir die Welt verhüllten,
Die Knospe Wunder noch versprach,
[17]
190
Da ich die tausend Blumen brach,
Die alle Thäler reichlich füllten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gieb ungebändigt jene Triebe,
195
Das tiefe schmerzenvolle Glück,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zurück!
Lustige Person.
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde drängen,
200
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebste Mädchen hängen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
205
Die Nächte schmausend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem selbstgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
210
Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
[18]
Und wir verehren euch darum nicht minder.
Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
Director.
Der Worte sind genug gewechselt,
215
Laßt mich auch endlich Thaten sehn;
Indeß ihr Complimente drechselt,
Kann etwas nützliches geschehn.
Was hilft es viel von Stimmung reden?
Dem Zaudernden erscheint sie nie.
220
Gebt ihr euch einmal für Poeten,
So kommandirt die Poesie.
Euch ist bekannt was wir bedürfen,
Wir wollen stark Getränke schlürfen;
Nun braut mir unverzüglich dran!
225
Was heute nicht geschieht, ist Morgen nicht gethan,
Und keinen Tag soll man verpassen,
Das Mögliche soll der Entschluß
Beherzt sogleich beym Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
230
Und wirket weiter, weil er muß.
[19]
Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen
Probirt ein jeder was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospecte nicht und nicht Maschinen.
235
Gebraucht das groß’ und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Thier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
240
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt, mit bedächtger Schnelle,
Vom Himmel, durch die Welt, zur Hölle.
http://www.eule2003.de/gbereich/g-Deutsch/d12/Goethe/f-vorspiel.pdf
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